In Sorge um Fachlichkeit und Qualität sonderpädagogischer Förderung - Eindrücke von der Bundeshauptversammlung in Bad Dürkheim

„INKLUSIVES KLIMA GEMEINSAM GESTALTEN", war das Thema, das der 49. Hauptversammlung des vds vom 7. bis. 9. November in Bad Dürkheim vorgegeben war. In ihrer Begrüßung hatte die Bundesvorsitzende Dr. Angela Ehlers bekräftigt, dass der vds dezidiert für ein Klima der Inklusion eintritt. Der Bildungsauftrag müsse für alle Kinder ohne Ausnahme gesichert sein, deshalb auch der Appell an die Kultusministerkonferenz bei Bearbeitung der Zukunftsfähigkeit der Sonderpädagogik, die sonderpädagogische Qualität zu gewährleisten. Frau/Mann war deshalb auch auf den Beitrag der Ministerin für Bildung des Landes Rheinland-Pfalz Frau Dr. Stefanie Hubig gespannt, der als „Beitrag zur bildungspolitischen Betrachtung von Inklusion und sonderpädagogischer Förderung" angekündigt war. Die Ministerin arbeitete zwar umfangreiche Informationen über Formen der rheinlandpfälzischen Schulorganisation ab, weitere Erkenntnisse zu Inklusion und sonderpädagogische Förderung waren jedoch eher dünn. Dafür blieb dann noch Zeit für einen netten Plausch unter Kolleginnen/Kollegen oder eine Spaziergang, bevor das Bufett eröffnet wurde.
Gewohnt engagiert und diskussionsfreudig wurden am Abend und teilweise am folgenden Morgen die an die Hauptversammlung gestellten Anträge in den Diskussionsforen unter die Lupe genommen. Dies geschah dieses Mal so intensiv, dass in der Hauptversammlung an die Delegierten hohe Anforderungen an deren Konzentration und Lesefertigkeit gestellt wurden, denn fast jeder Antrag wurde in veränderter Form in der HV zur Diskussion und Abstimmung vorgelegt.
Doch zunächst zu einem Programmpunkt, der das „highlight" der 49. Hauptversammlung hätte werden können. Eine vom Bundesausschuss der vds beauftragte Agenda-Gruppe „AGENDA 2019" stellte ihre Ergebnisse in Plakatform und einem kurzen Bericht der Leiterin Frau Christiane Mettlau vor. Die Agenda war eingesetzt worden, um das Selbstverständnis des vds in die Zukunft zu transportieren, einhergehend mit der Überarbeitung vorliegender Materialien und einer Verbesserung der Struktur- und Prozessqualität auf allen Ebenen der Verbandsarbeit. Die Aufforderung an die Delegierten zum „Museumsgang" war sicher nicht als „Konservierung" der Darstellung gedacht, eine konkrete Zielangabe zur weiteren Behandlung blieb aber im Verborgenen. So blieb zunächst Verunsicherung zurück, wohl auch weil die Delegierten die kompakte Information erst „verdauen" mussten und erst in der letzten halben Stunde vor Ende der Hauptversammlung das Thema noch einmal angerissen wurde. Immerhin wurde von der Vorsitzenden zugesagt, einen „Organisationsentwicklungsprozess" in Gang zu setzen. Eine ausführlichere Vorinformation zu den Ergebnissen der „AGENDA 2019" im Materialheft zur Hauptversammlung wäre sicher für eine vertiefte Beschäftigung der Inhalte hilfreich gewesen. So blieb eine eher vage Vorstellung übrig, was, ob und wie angedachte Vorhaben umgesetzt werden sollen.
Der Ort der Hauptversammlung, umrahmt von Weinbergen, mag dazu ein Bild nahelegen: Nach der Lese der Trauben, einer Gärung und sorgfältigem Klären entsteht süffiger und bekömmlicher Wein. Wo in diesem Prozess steht der vds?
Das Spektrum der schon angesprochenen Anträge an die Hauptversammlung reichte von verbandsinternen Angelegenheiten wie Überarbeitung der Leitlinien und der „Öffnung" des Verbands für weitere Berufsgruppen (Zusammenarbeit im multiprofessionellen Team) über die Inhalte sonderpädagogischer Förderung sowie Sicherung von Qualität und Fachlichkeit bis zu Aus-, Fort- und Weiterbildung. „Dank" der „Filterfunktion" in den Diskussionsforen boten die meist geänderten Anträge kaum Anlass zu kontroverser Debatte oder wurden zurückgezogen. Insgesamt war die Sorge deutlich herauszuhören, dass die Qualität sonderpädagogischer Förderung bzw. die Fachlichkeit durch „Schmalspurmaßnahmen" der Kultusadministrationen in den Bundesländern Schaden nehmen kann und der Inklusion damit ein Bärendienst erwiesen wird.
Bei den Wahlen zum Bundesvorstand wurden Dr. Angela Ehlers als Vorsitzende, Marianne Schardt als Geschäftsführerin, Dr. David Scheer als Pressereferent und Prof. Dr. Conny Melzer als Mitglied der Schriftleitung der ZfH bestätigt. Erfreulich für den Landesverband Bayern: Frau Bettina Stöckle-Schowan ist weiterhin Bundesreferentin für den Förderschwerpunt Berufliche Bildung.
Es wurde also „kein großes Fass aufgemacht". Dafür aber trafen sich die Landesverbände zum geselligen Abend im „Dürkheimer Riesenfass", dem größten Fass der Welt, und genossen die Atmosphäre bei Saumagen und Pfälzer Weinen. Wer danach der Erholung bedurfte, konnte beim Rundgang um das 333 m lange Gradierwerk in der Nähe seinen Bronchien etwas Gutes tun und seine Konstitution wieder aufbauen.
Unschwer lässt sich auf dem Foto erkennen, dass die bayerischen Delegierten entspannt und fröhlich wirken. Genossen wir doch an beiden Abenden nebst der guten Gastronomie die vielfältigen, auch fachlichen Gespräche, den lebendigen Austausch von Informationen und das gesellige Beisammensein. Einige konnten auch lieb gewordene Bekanntschaften aus anderen Bundesländern auffrischen oder vertiefen. Auch das soll ja ein Ziel eines bundesweit agierenden Verbandes sein.
Manfred Pschibul
Pressereferent vds-Landesverband Bayern

____________
Foto: Die bayerischen Delegierten im „Dürkheimer Fass"
Bildquelle: Kirsten Binder

powered by webEdition CMS